Eigene Stärken und Fähigkeiten in der Gruppe entdecken - Kinderbetreuung bei den Allein-Getrennt-Erziehenden-Wochenenden der Ehe- und Familienseelsorge des Bistums Würzburg
Ein Erfahrungsbericht von Luise Köhler
Die ehrenamtliche Aufgabe, die junge Menschen als Kinderbetreuer*innen übernehmen können, ist eine sehr schöne und umfassende Tätigkeit. Sie bietet die Möglichkeit, neben Schule, Arbeit oder Studium, mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten, Teil einer Gruppe zu werden, etwas Gutes zu tun und viele positive Erfahrungen zu sammeln. Die Erinnerung an die vielen Freizeiten und Wochenenden für Allein-Getrennt-Erziehende stellt für mich eine Sammlung an vielen schönen Erlebnissen dar, die eine starke Ressource für mich persönlich sind. Doch was genau macht die Kinderbetreuung so besonders?
„Was sollen unsere Kinder lernen? Wirklich eine schöne Frage! Sie sollen lernen, was sie tun müssen, wenn sie erwachsen sind, und nicht, was sie dann vergessen müssen.“ Die Frage, die der Bildungswissenschaftler Jean-Jacques Rousseau hier beantwortet, kann direkt auf die ehrenamtliche Betreuung der Kinder und Jugendlichen übertragen werden. Eben diese Frage stellt sich hier auch, da dies die pädagogische Richtung strukturgebend beeinflusst. Ja, die Kinder sollen lernen. Es geht hier natürlich nicht um Bildung im klassischen Sinne des Erwerbs von Sachkompetenz und Fachwissen – das ist eine Angelegenheit der Schule und übersteigt den Rahmen der Kinderbetreuung. Hier geht es um das Entdecken der eigenen Stärken, Interessen und Fähigkeiten, also der Entwicklung der Persönlichkeit. Darüber hinaus aber auch noch um das Lernen von Gemeinschaft, das Bilden einer Gruppe mit gemeinsamen Zielen und Spaß an Natur und Spiel.
Mein Anspruch bei der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ist also, ihnen eine positive Erfahrung in der Gruppe zu ermöglichen, wo sie neue Spiel- und Weggefährt*innen kennenlernen können. Teil einer Gruppe zu sein, hat eine starke Auswirkung auf die Selbstwahrnehmung. Auch für mich als Kinderbetreuerin ist diese Teilhabe an der Gruppe stets sehr magisch. Die Phasen, die jede Gruppe durchläuft, also das Kennenlernen, Vertrauen zu erlangen, gemeinsam Ziele und Aufgaben zu verfolgen und sich schließlich wieder zu verabschieden, sind immer anders, aber ebenso wunderschön und wertvoll. Man lernt viele verschiedene Personen mit verschiedenen Stärken und Fähigkeiten kennen. Umso schöner ist es auch, sich im Rahmen einer anderen Freizeit wiederzutreffen. Die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen mit zeitlichem Abstand verfolgen zu dürfen und zu erfahren, wie gut sie sich an die Aktivitäten der Kinderbetreuung erinnern können, ist sehr bereichernd. Solche Erlebnisse werden nicht vergessen werden, sondern sollen – ganz im Sinne Rousseaus – dazu beitragen, wertvolle Erfahrungen zu machen.
Mit Kennenlernspielen und kooperativen Gruppenaktivitäten mit gemeinsamen Zielen kann eine positive Atmosphäre geschaffen werden. In diesem geschützten und vertrauten Rahmen können die Kinder durch Bastelangebote, Spiele und Outdoor-Aktivitäten dann ihre Interessen verfolgen und vielleicht sogar neue Themen finden, die sie interessieren. Bei der letzten Betreuung hat ein Neunjähriger beim Basteln eines Traumfängers zu mir gesagt: „Das macht Spaß und ich bin geduldig, obwohl es so lange dauert. Sonst bin ich immer ungeduldig.“ Diese erlebte Selbsterkenntnis bestätigt den Ansatz, dass eine positive Gruppenatmosphäre zum Entdecken der eigenen Fähigkeiten beitragen kann. Es ist ein Zusammenspiel aus der Entwicklung der eigenen Kompetenzen und dem Zusammenwirken innerhalb der Gruppe.
Nicht nur für die soziale Erfahrung und die schönen Momente ist die Arbeit so wertvoll für mich. Hier kann ich in einem kleineren Rahmen meine theoretischen Inhalte aus dem Studium praktisch anwenden. Gerade das ist im pädagogischen Bereich so wichtig, da eine soziale Handlungskompetenz am besten in der Praxis erworben werden kann. So kann ich für mich persönlich überprüfen, ob für mich eine Theorie oder ein Ansatz „funktioniert“ und eine eigene pädagogische Persönlichkeit ausbilden.
Als letzten Aspekt möchte ich anführen, dass die Kinderbetreuung auch immer Anlass zur Reflexion und zum Innehalten ermöglicht. Die Vor- und Nachbereitung, sowie das eigene Handeln in der Gruppe müssen hinterfragt werden, ob alles wie geplant funktioniert oder wo Verbesserungen möglich sind. Aber auch die Zeit im gemeinsamen Morgen- oder Abendimpuls, bei der Andacht oder beim Gottesdienst bietet die Möglichkeit, durchzuatmen, ruhig zu werden und die Routinen, die den Alltag so schnell erscheinen lassen, bewusst und aktiv zu unterbrechen.
Dieses Sammelsurium an Erfahrungen, Erlebnissen und Vorteilen bieten die Angebote der Ehe- und Familienseelsorge des Bistums Würzburg. Es ist nicht nur Kinder- und Jugendbetreuung, die regelmäßig von Spaß geprägt ist, sondern stellt zudem einen Baustein in der Entwicklung aller Beteiligten dar.